Unmittelbar nach dem Beginn des Ukrainekrieges forderte das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten und Kooperation der Republik Südafrika Russland auf, „unverzüglich alle Truppen aus der Ukraine abzuziehen“.
Kurz nachdem russische Truppen in die Ukraine einmarschiert waren, stellte sich auch in der Türkei die Frage, wie mit dem Ukrainekrieg umgegangen werden sollte. Die Frage war nicht neu, denn schon mit der Annexion der Krim spielte der Konflikt zwischen der Ukraine und Russland auf der außenpolitischen Agenda der Türkei eine besondere Rolle. Dass die Türkei seit jeher politisch, wirtschaftlich und kulturell enge Beziehungen zu beiden Seiten pflegt, stellt die türkische Außenpolitik vor enorme Herausforderungen. Die mit dem Krieg noch deutlicher gewordenen Gegenpositionen zwischen der NATO und Russland erschweren eine klare Stellungnahme der Türkei und sind eine Bewährungsprobe für ihre Außenpolitik.
Dieser Krieg muss beendet werden […] es ist nicht so, dass ich eine besondere Rolle in dieser Angelegenheit spielen möchte, aber ich bin, wie viele andere auch, bereit zu handeln, um das Ende dieses Krieges zu erreichen.
Abdel Fattah Al-Sisi, zit. nach Mona Abdou
Mit dieser Aussage machte der ägyptische Präsident Abdel Fattah Al-Sisi am 7. November 2022 auf der UN-Klimakonferenz im eigenen Land seinen Standpunkt zum Ukrainekrieg deutlich. Bereits einige Monate zuvor betonte er während eines Besuches des russischen Außenministers Sergej Lawrow in Kairo die Notwendigkeit einer diplomatischen Lösung im Ukrainekrieg und bot sich als Mediator an.
Unsere Politik ist blockfrei und wir werden sie nicht aufgeben. […] Russland und die Vereinigten Staaten sind unsere Freunde.
Präsident Algeriens, Abdelmadjid Tebboune, bei seinem Besuch in der Türkei im Mai 2022.
Das Paradigma der Blockfreiheit ist tief im Selbstverständnis des unabhängigen Algeriens verankert. Bedingt durch Algeriens koloniales Trauma ist es für das Land in erster Linie zentral, internationale Souveränität zu bewahren und nicht zwischen weltpolitische Fronten zu geraten.
We are a country that has good relations with both sides and we are prepared to act as a bridge or a facilitator.
Adel al-Jubeir, saudischer Staatsminister für auswärtige Angelegenheiten
Am 1. März 2022, dem siebten Tag des russischen Angriffskrieges in der Ukraine, erklärte das saudische Kabinett in einer Stellungnahme seine Unterstützung für internationale Bemühungen, die Situation in der Ukraine durch Dialog und Diplomatie zu deeskalieren und Sicherheit und Stabilität wiederherzustellen.
In seiner ersten öffentlichen Reaktion auf die russische Invasion in der Ukraine am 24. Februar 2022 sprach der israelische Premierminister Naftali Bennett von „schweren, tragischen Zeiten“. Er vermied es jedoch, den russischen Aggressor direkt zu adressieren oder zu verurteilen.
Als sich wenige Tage nach Kriegsbeginn in der Ukraine Hunderte Aserbaidschanerinnen und Aserbaidschaner vor der ukrainischen Botschaft in Baku versammeln und ihre Solidarität mit der Ukraine bekunden, wird dies vom Regime gebilligt. Ein außergewöhnlicher Vorgang in einem Land, das sonst keinerlei Protest oder freie Meinungsäußerung duldet. Nicht umsonst zählt die Menschenrechtsorganisation Freedom House Aserbaidschan in ihrem Bericht von 2022 zu den 16 autokratischsten Staaten weltweit.
Das völkerrechtliche Normengefüge schränkt politische Handlungsspielräume ein – das ist das »Proprium« des Rechts, im Völkerrecht wie im Verfassungsrecht. Dass diese normativen Einschränkungen politischer Handlungsspielräume in der Praxis akzeptiert werden, ist ganz und gar nicht trivial.
Russland begeht mit dem Aggressionskrieg eine schwerste Völkerrechtsverletzung, denn seit dem Briand-Kellogg-Pakt von 1928 darf die Gewaltanwendung nicht länger als ein Instrument der nationalen Politik genutzt werden.
Im Sinne des Kriegstheoretikers Carl von Clausewitz besteht ein Sieg aus drei Elementen: (1) den relativ größeren Verlusten des Gegners, (2) dem Verlust seiner Kampfmoral und (3) dem Eingeständnis dieser Verluste, insofern er die mit dem Krieg verfolgten politischen Zwecke aufgibt.